Geistliches Wort zum Auffahrtstag, 21. Mai 2020
Brief des Paulus an die Epheser 1,17-23
Ihn, den Gott unseres Herrn Jesus Christus, den Vater, dem alle Herrlichkeit gehört, bitte ich darum, euch durch seinen Geist Weisheit zu geben, dass ihr ihn immer besser erkennt und er euch seinen Plan zeigt. Er öffne euch die Augen, damit ihr seht, wozu ihr berufen seid, worauf ihr hoffen könnt und welch unvorstellbar reiches Erbe auf alle wartet, die zu Gott gehören.
Ihr sollt erfahren, mit welch unermesslich grosser Kraft Gott in uns, den Glaubenden, wirkt. Ist es doch dieselbe gewaltige Kraft, mit der er Christus von den Toten auferweckte und ihm den Ehrenplatz an seiner rechten Seite gab! Mit ihr hat Gott ihn zum Herrscher eingesetzt über alle Mächte und Gewalten, über alle Kräfte und Herrschaften dieser und der zukünftigen Welt. Alles hat Gott ihm zu Füssen gelegt und ihn zum Haupt seiner Gemeinde gemacht. Sie ist sein Leib: Der Schöpfer und Vollender aller Dinge lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle.
Predigt
In Gottes Namen. Amen.
«Über den Wolken …», singt Reinhard Mey und ich bin sicher, die meisten von Ihnen haben sogleich die Melodie im Ohr und könnten grad weitersingen: «Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. / Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, / blieben darunter verborgen und dann, / würde, was hier gross und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein.»
Ein schönes Lied. Ich mag es. Und was Reinhard Mey singt, stimmt. Piloten oder auch Astronauten sagen genau das. Dass sich beim Blick von oben auf die Erde so manche Sachen, um die wir hier unten grosses Gewese machen; dass sich diese Sachen mit dem Abstand über den Wolken eher nichtig ausnehmen. Was sie eigentlich, wenn man mal ganz ehrlich zu sich ist, auch sind.
Man gewinnt einen anderen Horizont, wenn man aus anderer Perspektive auf die Dinge des Lebens schaut. Zum Beispiel aus der Perspektive des Glaubens. Da zeigt sich so manch ärgerlicher Sachverhalt und so manche Sorge in einem anderen Licht. Davon schreibt Paulus den Ephesern: Er öffne euch die Augen, damit ihr seht, wozu ihr berufen seid, worauf ihr hoffen könnt und welch unvorstellbar reiches Erbe auf alle wartet, die zu Gott gehören. Ihr sollt erfahren, mit welch unermesslich grosser Kraft Gott in uns, den Glaubenden, wirkt. Ist es doch dieselbe gewaltige Kraft, mit der er Christus von den Toten auferweckte und ihm den Ehrenplatz an seiner rechten Seite gab!
Das sind so Sätze, die einen sprachlos machen, weil man Mühe hat, im Strom der Gedanken mitzukommen. Paulus schreibt gelehrt. Er ist ein sehr gebildeter Mann. Die Leute von Ephesus sind es auch. Denn Ephesus ist eine weltoffene Hafenstadt. Der gewaltige Artemistempel der Stadt war eines der sieben antiken Weltwunder. Mit sportlichen Wettkämpfen und einem grossen Theater war Ephesus eine Metropole des Geistes und der Kultur.
Paulus hätte auch schreiben können: Erkennt, dass Gott mit Jesus hier mitten unter uns auf der Erde wirksam war. Und mit der Auffahrt Jesu hat er uns gezeigt, wie es mit uns weitergeht, wenn wir einmal aus diesem Leben und von dieser Erde gehen müssen. So hätte er auch schreiben können, das wäre für uns verständlicher gewesen. «Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.», würde Reinhard Mey das alles vielleicht zusammenfassen.
Ist das mit der Auffahrt Jesu in den Himmel gemeint? Dass er nun über den Wolken ist? Das ist eine naive Vorstellung, mit der gern Witze über den Glauben oder die Gläubigen gemacht werden. Mein Humor ist das nicht. Und Paulus würde möglicherweise auch nur den Kopf schütteln und darauf verweisen, dass unser Heiland nicht über den Wolken ist, sondern bei Gott. Ihr sollt erfahren, mit welch unermesslich grosser Kraft Gott in uns, den Glaubenden, wirkt. Ist es doch dieselbe gewaltige Kraft, mit der er Christus von den Toten auferweckte und ihm den Ehrenplatz an seiner rechten Seite gab!
Wo ist Christus? Bei Gott. Und wo ist der? Uns kommt die Frage vielleicht albern vor. Kinder stellen sie aber und zwingen uns Erwachsene damit zum Nachdenken über unseren Glauben.
Wo ist Gott? Mir fällt als Antwort die Geschichte von dem Rabbi ein, dem ein Kaufmann einen Gulden versprach, wenn der Rabbi ihm sagen kann, wo Gott ist. Darauf antwortet der Rabbi dem Kaufmann, dass er ihm zwei Gulden gibt, wenn er ihm sagen kann, wo Gott nicht ist. Würde Ihnen diese Antwort genügen?
Wir gedenken heute der Auffahrt Jesu in den Himmel. Und die Frage, wo unser Heiland ist, wo wir ihn finden können, haben wohl auch die Epheser gestellt. Denn Paulus beantwortet sie: Alles hat Gott ihm zu Füssen gelegt und ihn zum Haupt seiner Gemeinde gemacht. Sie ist sein Leib: Der Schöpfer und Vollender aller Dinge lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle.
Christus ist zu finden, wo Christen sind. Denn da wird sein Wort gepflegt und man bemüht sich, dementsprechend zu leben. Da wird die Verbindung zu ihm aufrechterhalten, weil gebetet wird. Da wird die Erinnerung an die Hoffnung wachgehalten, die wir uns hier mitten im Alltag auf der Erde gar nicht so recht vorstellen können: das unvorstellbar reiche Erbe, das auf uns wartet.
Mit dieser Formulierung spricht Paulus vom ewigen Leben. Vom Sein beim Herrn, wenn unsere Zeit gekommen ist und unser Herr uns alle zu sich zieht, wie er es gesagt hat.
Wo ist Christus? Da, wo einmal unsere Zukunft sein wird. Das ist meine Antwort. Wie das sein wird? Wie man sich das vorstellen soll? Ich weiss es nicht. Wir werden da weitersehen, wenn wir einmal weitergehen, zum Herrn.
In meiner Vorstellung aber klingt das, was Paulus dazu an die Epheser schreibt, nach Freiheit, die grenzenlos ist, und Vollkommenheit, vor der sich meine Ängste und Sorgen von heute, so ernsthaft sie mich jetzt auch beschäftigen und belasten, eher nichtig ausnehmen und klein. Einfach deshalb, weil die unermessliche Kraft Gottes wirksam ist und uns bewahrt hin zu dem Erbe, das auf uns wartet, weil wir durch Jesus Christus zu Gott gehören. Amen.
Gebet
Himmlischer Vater, deine Kraft ist unermesslich gross, schreibt Paulus.
Daran denken wir heute am Tag der Auffahrt Jesu in den Himmel.
Wir denken an deine unermessliche Kraft,
die Jesus von den Toten auferweckte und ihm den Ehrenplatz bei dir gab.
Das Denken daran darf uns innerlich stark machen,
denn in der Nachfolge Jesu ist dieser Weg auch unser Weg.
Darum denken wir an deine lebensspendende Kraft, Herr,
und schauen auf unsere Kraft, die nicht so unermesslich ist wie die deine.
Wir vertrauen fest auf dich, Herr, doch stärke unseren Glauben!
Wir hoffen auf dich, Herr, doch stärke unsere Hoffnung!
Wir möchten die Liebe, die du uns schenkst, gern weitergeben,
doch stärke unsere Liebe!
Unsere Kraft ist oft nicht gross genug,
so dass wir zurückbleiben hinter dem, was wir eigentlich wollen.
Wir bereuen ehrlich, Herr, stärke uns durch deine Gnade!
Unsere Zeit ist im Moment schwer zu übersehen.
Die Frage, was richtig ist und was nicht, ist nicht immer so einfach zu beantworten.
Unser Denken wollen wir darum immer wieder auf dich richten, Herr,
stärke unser Bemühen!
Unsere Seelen sind unruhig, Herr.
Stärke die Kraft unserer Seelen jetzt und hier, wir bitten dich!
Und lass unsere Seelen einmal Ruhe finden in dir.
Amen.