Liebe Gemeinde
Ging das jetzt zu schnell mit den Lockerungen der Schutzmassnahmen? Das kann ich nicht gut einschätzen. Ich bin da keine Person vom Fach. Ging es für eine ausschlaggebende Anzahl von Personen zu stark wie gewohnt weiter mit öffentlichen Kundgebungen, Discobesuch und dem Bewegen in der Öffentlichkeit? Ich glaube schon. Doch unsere Situation ist fragil. Einfach in alte Gewohnheiten zurückzukehren ist nicht überall richtig. Dann steigt die Zahl der Infektionen schnell wieder an.
Was darf bleiben? Was müssen wir uns ab- und was neu angewöhnen? Die Aussagen der Fachpersonen geben da wichtige Hinweise. Das ist die Herausforderung, der wir uns jetzt stellen müssen, im alten Leben Dinge neu anfassen. Für Christen ist das nichts Neues. Jesus ruft seine Jünger aus ihrem alten Leben zu sich in die Nachfolge. Den Petrus ruft er grad vom Fischerboot weg.
Neu anfangen ist befreiend. Das ist die Erfahrung des Glaubens. Alte Schuld hinter sich lassen, Vergebung finden und neu anfangen befreit. Alte Gewohnheiten ablegen, weil sie Neuem in meinem Leben den Weg verstellen, erweitert den Horizont. Auf dem Gebiet des Innern, der Seele, ist das uns Christen vertraut. Nun wird es eine Erfahrung in Bezug auf das Äussere, die uns abverlangt wird. Begegnen wir dem offen. So wie es der Lehrer seinem Schüler sagte, als der sich beklagte: „Ach, Herr, um deinen Lehren zu folgen, ist so viel Veränderung nötig. Das ist mir eigentlich alles viel zu anstrengend. Ich glaube, ich werde das Studium hier beenden.“ Da schaute der Alte traurig auf seinen Schüler. „Kennst du die Geschichte von der Raupe?“, fragte er. Der Schüler verneinte. „Es war einmal eine Raupe, die das Gefühl hatte, dass die Metamorphose zum Schmetterling zu anstrengend sei. Also beschloss sie, Raupe zu bleiben. Und während sie mühsam und langsam durchs Leben kroch, schaute sie immer mal wieder hinauf zu all den Schmetterlingen, die im Sommerwind von Blume zu Blume tanzten“, meinte der Lehrer. „Und nun überlege wohl, ob der scheinbar einfachere Weg auch tatsächlich der leichtere ist.“
Es grüsst Sie sehr herzlich
Ihr Pfarrer Christian Herbst