Geistliches Wort zum Sonntag, den 29. März 2020
Psalm 43,2-5
Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget?
Sende dein Licht und deine Wahrheit,
dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes,
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,
dass er meines Angesichtes Hilfe und mein Gott ist.
Predigt
In Gottes Namen. Amen.
Der Blick voraus sah im Januar noch ganz anders aus. Man hatte Pläne und Ideen für das kommende Jahr und feststehende Termine.
Und nun? Der Weg durch das Jahr ist plötzlich abgebogen in eine andere Richtung und verläuft nun entgegen allen bisherigen Annahmen.
So viel verschiebt sich oder fällt ganz weg: Verpflichtungen und Termine, Vereinbarungen und Pläne. Es ist dramatisch. Gerade für die Menschen, die jetzt nicht ihrer Erwerbsarbeit nachgehen können. Und auch für die, die sich mit dem Virus infiziert haben wie für die Menschen, die deswegen Angst um ihre Lieben haben.
Ein Virus, eine unsichtbare Bedrängung dreht alles in unserem Leben und in unserem Land um. Und was man nicht wirklich sehen kann, was einen aber spürbar einschränkt, das verunsichert und macht Angst.
Im alten Israel war das schon ähnlich wie jetzt noch bei uns. Angst vertrieb man sich durch Pfeifen oder Singen. Ein Lied gegen die Angst der Unsicherheit ist der 43. Psalm. Wir kennen die Melodie zu diesem Lied nicht, nur die Worte:
Warum muss ich so traurig gehen,
wenn mein Feind mich dränget?
Sende dein Licht und deine Wahrheit,
dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg
und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes,
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,
dass er meines Angesichtes Hilfe und mein Gott ist.
Der Psalmdichter bittet nicht um viel. Das können wir augenblicklich auch nicht. Im Moment können wir nur wenig tun. Uns bleibt, wie dem Psalmdichter damals, zu warten – auf Gottes Wirken. Nicht auf sein Wirken in der Welt. Da sind wir Menschen aufgerufen. Und in der aktuellen Situation tun viele Menschen sehr viel in der Versorgung der Kranken und bei der Versorgung der Bevölkerung. Wir haben ihnen gegenüber allen Grund zu Respekt und Dank.
Uns bleibt zu warten, nicht auf Gottes Wirken in der Welt, sondern auf sein Wirken in uns. So wie es der Psalmdichter auch tat. Zu warten und mit Geduld offen zu sein für Gott. Und dadurch in der irritierenden Situation jetzt zu neuer Konzentration im Leben zu finden durch den Glauben, dass Gott alles umgibt und damit hält.
Nichts ist sinnlos. Auch die Situation jetzt nicht.
Wozu das gut ist? Wir können es momentan nicht sagen.
Wir sind gezwungen still zu halten und uns bewusst zu werden, wie wenig sicher alles ist, was uns vorher gesichert vorkam. Wir können uns dadurch neu unserer Zuversicht bewusst werden, unseres Angewiesenseins auf Gott. Wir haben nun mal nicht alle Dinge des Daseins in unseren Händen.
Wir sollten uns neu bewusst machen, dass wir uns Gottes Händen anvertrauen dürfen, dass sie uns halten und leiten durch Wahrheit in Worten und Werten, die uns in unserer technisch so gut funktionierenden Welt etwas aus dem Blick geraten sind.
Der Psalmdichter singt genau davon. Darum hält er inne, hält die Hände still, so wie wir im Moment auch zum Stillhalten genötigt sind. Er hält auch die Gedanken still. Der Psalmdichter lässt keine Panikmache zu, dass nun alles untergeht. Er verharmlost auch nichts, dass alles gar nicht so schlimm ist. Der Psalmdichter harrt auf Gott. Das beeindruck mich. Ich empfinde es als eine angemessene Reaktion. Harren bedeutet, mit innerer Beteiligung auf etwas bestimmtes zu warten.
Ich meine es ist an uns, wie der Psalmbeter stillzuhalten, die Situation ernst zu nehmen, sie ins Gebet zu nehmen und zu wissen, dass Gott all das umgibt und dass er die Harrenden hält.
Das wissen und darum Vertrauen haben, dass die Zeit kommt, wo nicht nur Ärger und Verunsicherung über alles, was jetzt durcheinandergerät, in uns ist, sondern auch Dank für die Zuversicht, die einen immer wieder beseelt in dieser bedrängenden Zeit. Dass Dank in uns ist für die kleinen Gesten von Menschen aus unserer Nähe. Dass Dank in uns ist für die Augenblicke und die Stunden in der Zeit des Zurückgezogenseins, die gut waren. Und dass Dank in uns ist, so Gott will, für die Bewahrung in der Situation der Bedrängung durch das Virus.
Und der Friede Gottes, der weiter reicht als unser Erkennen und Verstehen, bewahre uns alle mit Herz und Sinnen durch Jesus Christus. Amen.
Gebet
Ewiger Gott, unermüdlich sprichst du uns an.
Oft geht das an uns vorbei, weil uns so vieles ablenkt.
Aber jetzt, wo uns das Corona-Virus aus den üblichen Bahnen wirft,
spüren wir, dass du uns ansprichst mit deiner Wahrheit.
Es sind die Momente der inneren Stille,
wo in einem durch die Verunsicherung hindurch Zuversicht aufkeimt.
Das sind die Momente, wo du dein Licht in uns aufscheinen lässt, Gott,
und deine Wahrheit in uns aufklingt.
Die Wahrheit, dass wir bei dir geborgen sind,
dass unsere unruhigen Gedanken zur Ruhe kommen,
wenn wir die Hände falten und uns in Erinnerung rufen,
dass du in allem gegenwärtig bist, was unsere Gegenwart ausmacht,
dass du uns unermüdlich ansprichst und nicht uns selbst überlässt,
der Unruhe unserer Seele.
So falten wir die Hände und überlassen uns gern deiner Gegenwart,
wenn wir tun, was uns jetzt möglich ist.
Wir harren auf dich, Gott,
und nehmen in unser Gebet unsere Lieben und uns und alle anderen:
Bewahre uns, Gott, trage uns und halte uns jetzt und allezeit und auch in der Ewigkeit.
Sende dein Licht und deine Wahrheit in unser Leben, Gott,
dass wir die Zeit gut bestehen, die wir jetzt aushalten müssen.
Amen.